Neuwerk

 

Eine inmitten des Wattenmeeres der Elbmündung entstandene Insel, die korrekter Weise eine Hallig ist, wurde zunächst "Nige Ooge" (Neues Auge) genannt. Erst nach dem 1299 - 1310 ein gewaltiger Wehrturm, das Neuwark (Neue Werk), erbaut worden war, ging dieser Name auf die Insel über.

 

Für den Sockel des Wehrturmes, auf einer künstlichen Warft, wurden zunächst gewaltige Balken kreuzweise übereinander geschichtet und darüber eine 3 m hohe Schicht aus Findlingen gestapelt. Dieses solide Fundament trug dann nicht nur den Backsteinkoloß mit den 2 m dicken Mauern, sondern trotze bis zur Eindeichung der Insel 1560 dem " blanken Hans" bei Sturm.

Der Turm sollte das Eiland vor Seeräubern schützen und hatte deshalb eine militärische Besatzung. Er war über eine aufziehbare Leiter zu erreichen. Außerdem stellte der Neuwerker Turm ein markantes Sichtzeichen am gefährlichen Seeweg der Außenelbe dar, der damals nur bei Tage befahren wurde.

 

Zu den ältesten Seezeichen der Insel zählen neben dem Wehrturm die Nord- und Ostbake. Bereits 1462 gab es einfache Spierenbaken in Gestalt eines Pfahles, der ein hochkant gestelltes Faß trägt.

Nordbake Neuwerk

Die Nordbake gab in Verbindung mit dem Turm auf Neuwerk die genaue Richtlinie an, auf der die Schartonne zu finden war. Die Nordbake ist akut gefährdet. Nach Untersuchungen im Jahre 2008 sind die Verbindungsbolzen zum Fundament locker und das Bauwerk schwankt bei Wind wie ein Baum. Die Nordbake wurde 2017 bei einem Sturm zerstört und nicht wieder aufgebaut.

 

Bereits in der Zeit der Neuwerker Kohlenblüse (1644 bis 1815) war sie als Gerüstbake aufgeführt. Der Standort war so gewählt, daß ihr Lattenwerk das Blüsenfeuer verdeckte, sobald einlaufende Schiffe den Ort erreicht hatten, an dem sie eine bestimmte Kursänderung vornehmen mußten. Wegen dieser Funktion hieß sie auch im 18. Jahrhundert Verdunkelungsbake.

Die Ostbake wurde 1635 durch den Hamburger Barsenmeister Peter Petersen, genannt "Klappmütze", erbaut. Die Bake wurde daher auch Klappmützenbake genannt. Diese hölzerne Bake, mit dem Toppzeichen (zwei Kreise verschiedener Größe), diente vom Anfang an nur der Orientierung des Tonnenlegers beim Auslegen der Elbtonnen. Das Bei einem schweren Sturm in der Nacht vom 18. zum 19. Januar 2007 ist die Ostbake umgestürzt. Das Deutsche Reich hatte die Bake 1921 übernommen zusammen mit Nordbake auf Neuwerk und der Kugelbake Cuxhaven. 1976 ging das inzwischen zweimal erneuerte Seezeichen wieder zurück an die Hansestadt Hamburg. Damas war die Bake vom hamburger Denkmalschutzamt bereits als wichtiges technisches Denkmal eingeschätzt worden. Ein ebenfalls eingeleitetes Unterschutzstellungs-Verfahren wurde bisher nicht abgeschlossen. Es gibt bei den Hamburger Behörden Bestebungen die Bake wieder aufzustellen. Erste Arbeiten zum Wiederauf haben im Sommer 2009 begonnen. Am 14. und 15. September 2009 wurde durch Hamburg Port Authrity die Bake wieder aufgebaut. Die Bake steht nun wieder an ihrem angestammten Platz.

Ostbake Neuwerk

Erst 1644 richtete man in der Nähe des Wehrturmes eine Kohlenblüse als Nachtsichtzeichen ein, die 170 Jahre in Betrieb war. Sie geriet während dieser Zeit dreimal in Brand, mußte wegen Uferbruchs versetzt werden und wurde einmal vom Sturm umgeweht.

 

Die Vorläufer unserer heutigen Leuchtfeuer an Nord- und Ostsee waren Blüsen. Ihr gemeinsames Merkmal war nicht eine bestimmte Bauweise, sondern allein die Technik der Befeuerung. Blüsenfeuer waren stets offene Feuer, sie brannten ungeschützt unter freiem Himmel. In älterer Zeit wurden sie mit Holz und später mit Steinkohle beschickt.

 

Die Neuwerker Blüse bestand im 18. Jahrhunderts aus stämmigen, dreigeschossigem Balkenwerk von 23 Metern Höhe und ca. 10 Metern Basisdurchmesser. Auf die obere Plattform war ein Podest aufgemauert, in den ein Kohlenrost eingelassen war. Die Feuerstelle war über ein dreiteilige Treppe zu erreichen. Das sogenannte Wachhaus, eine heizbare Wärterkammer, befand sich im zweiten Stock. Die Unterhaltung der Blüse fiel in die Zuständigkeit der Hamburger Admiralität, die auch das Personal stellte. Der Blüsenmeister oder Blüsner, sowie zwei Knechte betrieben den Turm.

Feuerblüse Neuwerk Nachbau

Die Blüse brannte anfangs nur in der Zeit von Michelis bis zum 31. März. Schon im Jahre 1734 war die Brenndauer vom 1. September bis zum 30. April. Im Jahre 1761 gab der Hamburger Rat in der Staats- und Gelehrtenzeitung bekannt, daß das Feuer nun das ganze Jahr brenne. Zwischen 1806 und 1813 während der von Frankreich verhängten Kontinentalsperre ruhte die Befeuerung ganzjährig. Für eine hohe und möglichst klar leuchtende Flamme benötigte man damals Steinkohle aus Schottland, die einen wesentlich höheren Bitumengehalt hatte als deutsche Sorten.

 

Die Blüsenfeuer hatten den Nachteil, daß sie abhängig von Wind und Wetter waren. Bei Windstille qualmten und schwelten sie, bei starkem Wind brannten sie schnell herunter oder bei Sturm wurden sie niedergedrückt.

 

Auch die Betriebskosten waren enorm. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurden für Helgoland und Neuwerk 360,000 kg Kohle im Jahr importiert. 8700 Reichstaler waren dafür ab Grube und nochmals die gleiche Summe für den Transport zuzahlen. Die Kosten stiegen noch erheblich an, als man 1761 auf die ganzjährige Befeuerung umstellte, dafür benötigte man 1.000.000 kg Importkohle.

Die Feuerblüse Neuwerk wurde vermutlich 1815 abgebrochen. Sie war das erste bekannte Leuchtfeuer der Elbe. Ein Nachbau der Blüse stand von 1979 - 1994 im Freigelände des Deutschen Schiffahrtsmuseums in Bremerhaven.

Nach dem 1805 der Leuchtturm Cuxhaven mit einer Parabolspiegel-Laterne in Betrieb genommen worden war, wollte man solch eine Laterne auch auf Neuwerk installieren und wählte als Träger den alten soliden Wehrturm. Zur Aufnahme der von dem Hamburger Mechanikus Repsold nach englischem Muster gefertigten Leuchteinrichtung wurde sein Dach umgebaut. Die Leuchte bestand aus 21 kreisförmig angeordneten Parabolscheinwerfern. Nach langer Verzögerung durch die französische Besatzung konnte der Leuchtturm Neuwerk am 20. September 1814 seinen Betrieb aufnehmen. Der Turm ist auch heute noch in Betrieb, wurde aber 1862 mit einer Gürtellinse versehen, das Laternengehäuse ist jedoch noch unverändert. Seit 1971 wird der 39 m hohe Leuchtturm von Cuxhaven ferngesteuert. Im September 2007 wurde die 230V/1000W-Glühlmape durch eine 110V/600W Halogenlampe ersetzt.

 

 

Neuwerk

Auf der Steinplatte am Eingang des Turmes steht zu lesen: Ich wurde 1310 von derFreien und Hansestadt Hamburg erbaut und sichere die Elbmündung, seit 1814 weise ich als Leuchtturm der Schiffahrt den Weg.

Leuchtturm Neuerwerk 1815

fertiggestellt. Der Turm im Nordwesten der Insel war etwa 600 Meter vom Wehrturm entfernt und mit 16 m etwa halb so hoch. Er bestand aus einem achteckigem, mit Brettern verkleidetem Balkengerüst, das sich pyramidenförmig verjüngte. Die drei Geschosse waren durch einen Treppenaufgang mit einander verbunden. Im oberen Geschoß befand sich die Wärterstube, die im Winter beheizt werden konnte.

Die Repsoldsche Laterne war von gleicher Form und Größe wie im Wehrturm. Das Licht der 15 Parabolscheinwerfer, die Repsold auch hier in Doppelreihe aufgehängt hatte, schien 18 Meter über den Meeresspiegel.

 

Mit dem Neuwerker Doppelfeuer bot Hamburg eine damals noch sehr ausgefallene Orientierungshilfe, heute nennt man sie Richtfeuer. Die beiden Türme standen so zueinander, daß die Verlängerung ihrer Verbindungslinie mit der Kurslinie übereinstimmte, die von Nordwesten kommende Schiffe einhalten mußten, um über die Untiefe "Vogelsandsteert" zu gelangen. Die Schiffer brachten die beiden Feuer in Deckpeilung und hatten so eine Richtlinie in der Elbe.

 

Als Ende des vorigen Jahrhunderts der große Vogelsand weiter nach Westen driftete wurde die Richtfeuerlinie unbrauchbar. Der kleine Leuchtturm hatte auch durch den Einsatz von Feuerschiffen seine Bedeutung verloren. Am 16. Juni 1885 erlosch das Licht des Leuchtfeuers. Bei umfangreichen Modernisierungsarbeiten am großen Leuchtturm 1892 diente der Leuchtturm nochmals als Leuchtfeuer. 1909 wurde das Bauwerk abgebrochen.

 

Auch im Neuwerker Leuchtturm ist es möglich, zu übernachten.